Übergänge gestalten und bewältigen
Eines Tages bekommt der Löwenzahn weiße Haare und wird zu einer Pusteblume. Die Fallschirmchen fliegen irgendwann mit dem Wind davon. Ein Bild, das wir alle kennen und das sehr eindrücklich von einem natürlichen Wandel erzählt.
Diese Wechsel gibt es nicht nur in der Natur. Wir haben viele Veränderungen zu bestehen. In unserem ganzen Leben gibt es immer wieder Situationen, in denen Übergänge bewältigt werden müssen. Sei es der erste Schritt vom Familienleben in eine Krippe oder Kindergarten, der Übergang von Kindergarten zur Grundschule, die erste Teilnahme an einer Klassenfahrt, der Besuch der weiterführenden Schule, das Verlassen des Elternhauses zur Berufsausbildung, ein Umzug oder das Zusammenziehen mit einem Lebenspartner. Unser ganzes Leben ist voller Übergänge.......
Wir begleiten in unserer Einrichtung Übergänge für die Kinder (und auch für die Eltern) behutsam und mit Verständnis und Bestärkung. Doch es ist durchaus normal, dass Übergänge sich auch schwieriger gestalten können, da es manchmal zu einer kompletten Umstellung von Lebensgewohnheiten kommt. „Ich bin nicht allein mit dem Schweren“, diesen Rückhalt wollen wir den Kindern vermitteln.
Erfahren Kinder schon früh, dass Veränderungen nicht nur schwer sind, sondern auch Neues bergen und sie mit dem Neuen nicht allein gelassen werden, bleiben sie voller Neugier und Entdeckerfreude. Ihr Aktionsraum erweitert sich. Ihre Handlungskompetenz wird gestärkt und gefördert.
Wer neue Aufgaben meistert, entwickelt ein realistisches Selbstkonzept. Dies fördert eine positive Lebenseinstellung. Und es stärkt den Mut, sich von Altem zu lösen und Neues vertrauensvoll anzupacken.
Nimmt das Kind die Herausforderung des Wandels an, lässt es sich auf die neue Umgebung oder auf eine andere Bezugsperson ein, ist es für die Entwicklung des Kindes immer eine Bereicherung.
„Bindung schaffen“ ist hierbei das Schlüsselerlebnis und daher auch die wichtigste Aufgabe in unserer Arbeit. Bindung kommt vor Bildung!!!
Das stärkste psychische Bedürfnis von Kindern (und Erwachsenen) ist, Bindungen an, für sie, bedeutsame Menschen zu schaffen. Nicht ohne Grund! Die Welt ist ein unsicherer Ort. Und die, bei denen man Sicherheit sucht und findet, bleiben nur sicher, wenn gemeinsam immer wieder eine gute Bindung und Beziehung zu ihnen hergestellt wird.
Bedeutsame Übergänge gemeinsam gestalten
– Erste Schritte gemeinsam tun -
Der Übergang von der Familie in die Krippe
Bei der Neuaufnahme:
Nach der ersten Kontaktaufnahme bieten wir ein Aufnahmegespräch in der Einrichtung an, welches mit der zukünftigen Bezugsperson geführt wird. Hierbei lassen wir uns viel Zeit, um ausführlich über das aufzunehmende Kind zu sprechen, um uns kennen zu lernen und um die verbindliche Teilnahme der Eingewöhnung zu besprechen.
Bei der Eingewöhnung:
Wir orientieren uns in der Eingewöhnungszeit an dem sogenannten „Berliner Eingewöhnungsmodell“, um die Kinder auf ihrem Weg zum selbsttätigen und selbstbewussten Menschen zu unterstützen. So unterschiedlich die Kinder mit ihren Bezugspersonen sind, so unterschiedlich kann die Dauer der Eingewöhnungsphase sein. Die Kinder und deren vertraute Bezugspersonen aus der Familie (Vater, Mutter, Oma, Opa ….) brauchen Zeit, um die neue Umgebung und die noch fremden Personen kennen zu lernen. In diesem Prozess der Eingewöhnung beginnt auch die wichtige Beziehungsarbeit mit den Personensorgeberechtigten, damit unsere gemeinsame Krippenzeit und -arbeit gut gelingen kann. Daher ist es uns wichtig, auch den Erwachsenen Raum, Platz und Zeit für ihre Fragen, Ängste und Sorgen einzuräumen.
Der Übergang von der Krippe zum Kindergarten
Die Krippenkinder haben den Übergang von der Familie in die Krippe erfolgreich gemeistert. Sie können schon einige Zeit ohne ihre Familie verbringen. Sie sind mit ihren Bezugspersonen, den anderen Kindern und dem Tagesablauf vertraut.
Viele haben schon die anderen Mitarbeitenden aus dem Kindergarten kennengelernt, durch gegenseitige Besuche und Begegnungen im Haus und auf dem Außengelände oder durch Bring- und Abholsituationen von Geschwisterkindern. Dennoch wird für die Krippenkinder vieles neu und anders sein.
Wir gestalten einen guten Start in den Kindergarten durch..........
geplante Aktionen :
- ein Ausflug in die Kindergartenräumlichkeiten wenn die Kinder dort durch ihren
jährlichen Sommerausflug „ausgeflogen“ sind
- ein Übergangsgespräch mit der bisherigen und der neuen Bezugsperson
- die zukünftige Kindergarten-Bezugsperson besucht das entsprechende Kind in
der Krippe
- zusätzliche Begleitung durch die Bezugsperson aus der Krippe an dem
Schnuppernachmittag für alle neuen Kindergartenkinder
- Einladung zu dem Elternabend für die neuen Kindergartenkinder
- Abschiedstag: am letzten Krippentag gibt es ein besonderes gemeinsames
Frühstück, die Bezugsperson aus der Krippe räumt zusammen mit dem Kind den
Garderobenplatz auf und erobert dann gemeinsam mit dem Kind und der
Kindergarten-Bezugsperson den neuen Garderobenplatz im Kindergarten
Alltag:
- Wir begleiten die Krippenkinder bei Alltagshandlungen in den Kindergarten, z.B.
Geschirr holen
- Krippenkinder besuchen nach Absprache den Kindergarten, z.B. in der Guten-
Morgen-Runde
- es entstehen Kontakte durch das Bringen + Abholen von Geschwisterkindern
- Austausch zwischen alter und neuer Bezugsperson
- ein behutsamer Übergang für die Krippenkinder in den Kindergarten beginnt
schon frühzeitig nach der Platzvergabe
- ein Krippenkind, welches in den Kindergarten wechselt, ist direkt nach der
Sommerschließzeit ein Kindergartenkind, noch bevor die anderen „Neuen“
kommen
- wir ermuntern die Familien der zukünftigen Kindergartenkinder, ca. zwei Monate
bevor das KiTa-Jahr zu Ende geht, beim Bringen und Abholen durch den
Kindergarten zu gehen, um erste KiTa-Luft zu schnuppern und Kontakte zu den
Mitarbeitenden zu knüpfen
Örtlichkeiten:
- die Architektur des Hauses ist ganz bewusst mit großen und vielen Glasflächen
geplant und gebaut worden, so das jederzeit Sichtkontakt, Winken und
Handküsschen möglich sind
- das Außengelände der Krippe ist durch einen niedrigen Zaun vom Kiga-Spielplatz
getrennt, bietet aber bewusst Sicht- und Kommunikationsmöglichkeiten und eine
Pforte für verabredete Besuche
Der Übergang von der Familie zum Kindergarten
Wir gestalten einen guten Start in den Kindergarten durch..........
- einen „Tag der offenen Tür“ am Anfang eines jeden Kalenderjahres
- das Bewusstsein, wie wichtig der Erstkontakt für alle Beteiligten ist. In unserer
Einrichtung können jederzeit Infos eingeholt werden, Terminabsprachen getroffen
werden und Anmeldeformulare geholt werden. Die Ansprechperson ist die
Leitung der KiTa, aber auch alle anderen Mitarbeitenden.
- die Möglichkeit, nach vorheriger Terminabsprache, unsere KiTa Pusteblume und
deren Konzeption kennenzulernen. Wir nehmen uns dann ca. eine Stunde Zeit für
eine Führung und für ein persönliches Gespräch.
- einen Elternabend speziell für neue Kinder bzw. Familien
- das Angebot, jederzeit weitere Informationen und Antworten am Telefon oder in
der Einrichtung zu bekommen
- einen Schnuppertag für die neuen Kinder mit Teilnahme der älteren
Kindergartenkinder, die bereits in der Einrichtung sind. So können erste Kontakte
zu Kindern geknüpft werden, die sich im neuen Kindergartenjahr dann
wiedersehen.
- ein ausführliches Aufnahmegespräch
- das Angebot an alle Personensorgeberechtigten, ihr Kind sanft mit dem „Berliner
Eingewöhnungsmodell“ ankommen zu lassen (verpflichtend für Kinder unter 3
Jahren)
- alle neuen Kinder erhalten kurz vor ihrem ersten KiTa-Tag eine
Wir*freuen*uns*auf*Dich-Pusteblumen-Postkarte
- individuelle Abschiedsrituale, z.B. Winkefenster oder Mama zur Tür
„rausschmeißen“
- eine besondere Gestaltung der Eingewöhnung. Sie darf so sein, wie das Kind es
braucht: ganz individuell, mit viel Zeit und Eltern dürfen bleiben!
Der Übergang vom Kindergarten in die Schule
Lernen als Aneignung von Wissen ist ein sehr individueller Prozess, dessen „Motor“ Neugier, Tatendrang und Selbstwirksamkeit sind. Kinder eignen sich ihr Wissen aus einem natürlichen Antrieb heraus und im selbstbestimmten Umgang damit an. Die Aussage von Gerald Hüther (deutscher Neurobiologe): „Kinder lernen am besten, wenn sie den Lernstoff selbst bestimmen können.“ liefert in einem einzigen Satz die Begründung für eine bewusste Entscheidung gegen spezielle Vorschulprogramme, aber für experimentierendes Lernen. Kinder haben das Recht auf einen Entfaltungsraum, der sich den Bedürfnissen ihres Alters- und ihrer Entwicklungsphase anpasst. Als eigenständige Bildungseinrichtung soll unser Kindergarten nicht als reiner „Zulieferer“ für die Grundschule missverstanden werden, sondern als Einrichtung gesehen werden, die grundlegende soziale Kompetenzen vermittelt – und zwar ohne den leistungsorientierten Blick. Das ist für uns Fachkräfte eine große Herausforderung, sollten wir doch jahrzehntelang angebliche Defizite bemerken und den Kindern abgewöhnen. Unsere Aufgabe ist es, die Kinder bereits im Kindergarten auf die nächste Lebensphase vorzubereiten. Hierfür übernehmen wir, in Zusammenarbeit mit der Grundschule, Verantwortung. Nachdem die Erkenntnisse der modernen Pädagogik und Neurobiologie spezielles Training und Programme zur Schulvorbereitung unzeitgemäß und überflüssig gemacht haben, formt sich ein neuer Begriff, der diese Verantwortung besser umschreibt: Übergänge schaffen!
Wir gestalten einen guten Start in die Grundschule durch..........
(zum besseren Verständnis: Kinder, die im folgenden Sommer eingeschult werden, heißen in unserem Kindergarten „Schulis“)
geplante Aktionen:
- gemeinsame Singstunde in der Schule
- Kennenlernen-Schul-Rallye
- Vorlesestunde der Schulkinder für die Schulis
- die zukünftigen Klassenlehrer*innen kommen die
Kinder im Kiga besuchen
- die Anmeldung und die Schuluntersuchungen der
Schulis findet in den Räumlichkeiten der Grundschule statt
- besondere Angebote und Ausflüge für die Schulis zur
Stärkung des Selbstwertgefühles und der Ich-
Kompetenz
- spezielle Schulitreffen mit Aktionen, Gesprächen und Infos
- das Vermitteln von Handwerkszeug für zukünftige
eventuelle Problemstellungen (Was mache ich, wenn
die Tür der Grundschule noch zu ist?; Wie verhalte ich
mich, wenn ich auf dem Schulhof geärgert werde?; etc.)
- Schulhofbesuche, wenn die Grundschule Ferien macht
- es finden gemeinsame Elternabende zum Thema
„Schulfähigkeit“ statt
- Einladung für die neuen Schulkinder zum „Tag der
Ehemaligen" in den Kindergarten (Herbstferien)
Örtlichkeiten:
- räumliche Nähe zur Grundschule
- wir sind nur durch einen Zaun vom Schulhof getrennt, so sind Wink- und Blickkontakte sowie Kommunikation möglich
- gemeinsamer Vorplatz
Alltag:
- Kindergartenkinder bringen ihre älteren Geschwister
mit den Eltern in die Schule bzw. holen diese mit ab
- 2 pädagogische Mitarbeiter*innen sind im
Kindergarten für die „Schuliarbeit“ zuständig
- es gibt einen Bereich im Kindergarten, der nur für die
Schulis zugänglich ist und der speziell auf deren
Bedürfisse und Interessen eingerichtet ist. Hier finden
besondere Angeboteund Aktionen für die Schulis
statt.
- Eine gute Zusammenarbeit mit der Grundschule
Hermannsburg; z.B. wurde gemeinsam ein Flyer zum
Thema „Schulfähigkeit“ erstellt
Lange saßen sie dort und hatten es schwer, doch sie hatten es gemeinsam schwer.
Und es war ein Trost. Leicht war es trotzdem nicht.
(Astrid Lindgren aus „Die Brüder Löwenherz“)